Fragen und Antworten zum Bundesraumordnungsplan für den Hochwasserschutz (BRPH)
Typ: Artikel
Zum Bundesraumordnungsplan für den Hochwasserschutz (BRPH)
Warum hat der Bund einen BRPH erstellt?
Die Hochwasserereignisse in den letzten beiden Jahrzehnten haben landesweit erhebliche Schäden angerichtet, die zu großen Teilen vom Bund kompensiert werden mussten.
Das Schadenspotential bei Hochwasserereignissen dürfte sich zukünftig vergrößern. Darüber hinaus wird der Klimawandel zu einem erhöhten Meeresspiegelanstieg und zu häufigeren Starkregenereignissen führen, wodurch sich die Hochwassergefahren nochmals verschärfen dürften. Der Bund hat deshalb entschieden, seine 2017 neu eingeführte Kompetenz zu nutzen und mit einem BRPH zu einem bundesweit verbesserten Hochwasserschutz beizutragen. Die Raumordnung ergänzt mit dem BRPH die Maßnahmen der Wasserwirtschaft.
Was ist der Mehrwert des BRPH?
Länder und Kommunen haben in den vergangenen Jahren bereits sehr viel für den Hochwasserschutz getan, durch Regelungen der Wasserwirtschaft ebenso wie durch Festlegungen zur Nutzung oder Freihaltung von Flächen in Landes- und Regionalplänen sowie durch Regelungen in Bauleitplänen der Kommunen. Hochwasser machen aber nicht an Landesgrenzen halt. Mit dem BRPH werden die Maßnahmen der Länder zum Hochwasserschutz länderübergreifend ergänzt und optimiert, insbesondere durch einheitliche raumplanerische Vorgehensweisen für den vorbeugenden Hochwasserschutz und die Risikovorsorge.
Welche Ziele verfolgt der Bund mit dem BRPH?
Ziel des Bundes ist es, mit dem BRPH das Hochwasserrisiko grundsätzlich stärker in der Raumordnung zu beachten und so insbesondere Risiken für Siedlungen und kritische Infrastrukturen zu minimieren und Schaden zu begrenzen. Das Ziel soll erreicht werden, indem durch den BRPH
- Methodik und Standards im Bereich der Raumplanung bundesweit harmonisiert werden,
- die Empfindlichkeit und Schutzwürdigkeit unterschiedlicher Raumnutzungen durch die Anwendung eines risikobasierten Ansatzes stärkere Berücksichtigung in den Raumordnungsplänen finden,
- grenzüberschreitende Aspekte wie der Unterliegerschutz durch einen auf die gesamte Flussgebietseinheit bezogenen Planungsansatz stärker berücksichtigt werden („Unterlieger“ sind diejenigen, die flussabwärts liegen. Wenn ein Land Deiche baut, hat dies auf den Wasserlauf und die Gebiete in den flussabwärts liegenden Ländern erhebliche Auswirkungen),
- Anlagen und Einrichtungen von nationaler und europäischer Bedeutung durch Festlegungen für kritische und hochwasserempfindliche Infrastrukturen besser geschützt werden.
Wen binden die Festlegungen des BRPH?
Festlegungen in Raumordnungsplänen werden als "Ziele" und "Grundsätze" der Raumordnung formuliert. Ziele sind verbindlich, Grundsätze müssen in die Abwägung einer Genehmigungs- oder Planungsbehörde einfließen. Alle Festlegungen binden direkt nur die "öffentlichen Stellen".
Wie verhält sich der BRPH zu den Raumordnungsplänen der Länder und Bauleitplänen der Kommunen?
Die Regelungen des BRPH binden grundsätzlich die Raumordnungsbehörden der Länder und Regionen bei der Aufstellung bzw. Änderung ihrer Raumordnungspläne. Die Gemeinden müssen ihre Flächennutzungs- und Bebauungspläne wiederum den Zielen der Raumordnung anpassen (§ 1 Absatz 4 BauGB) und dafür sorgen, dass im Außenbereich raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen (§ 35 Absatz 3 BauGB).
Der BRPH wahrt die verfassungsrechtliche Planungshoheit der Länder und Kommunen. Er ist weitgehend auf eine Konkretisierung durch die landesweiten und regionalen Raumplanungen sowie durch die kommunale Bauleitplanung angelegt. Ausnahmeregelungen lassen den erforderlichen Spielraum für passgenaue regional- und kommunalspezifische Planungen und Maßnahmen für den Hochwasserschutz.
Bestehende landesrechtliche Regelungen bleiben grundsätzlich weiterhin wirksam. Als Rechtsverordnung des Bundes hat der BRPH allerdings Anwendungsvorrang vor diesen Regelungen. Für den Fall, dass Festlegungen in bestehenden Raumordnungsplänen der Länder den Festlegungen des BRPH widersprechen sollten, sind die Regelungen der Landespläne zu ändern bzw. anzupassen.
Wie verhält sich der BRPH zum Wasserrecht?
Der BRPH bezieht sich weitestehend auf die Definitionen und Gebietskulissen des Wasserrechts. Er unterstützt das Wasserrecht, etwa indem er eine verstärkte Berücksichtigung von Flächen außerhalb von nach § 76 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) festgesetzten Überschwemmungsgebieten festlegt. Gerade diese weisen statistisch ein zunehmendes Schadenspotenzial bei Hochwasser auf. Hingegen werden abschließende Schutzvorschriften des WHG, insbesondere für festgesetzte Überschwemmungsgebiete, nicht durch strikt verbindliche Festlegungen im BRPH ergänzt. So bleibt das fachrechtliche Regelungsregime der Wasserwirtschaft gewahrt.
Welche Auswirkungen hat der BRPH auf bauliche Anlagen und auf die Siedlungsentwicklung?
Bestehende bauliche Anlagen, die in Einklang mit geltendem Recht errichtet wurden, haben – auch hinsichtlich ihrer Nutzung – grundsätzlich Bestandsschutz. Die Auswirkungen des BRPH auf die zukünftige Siedlungsentwicklung sind je nach bestehender Regelungslage regional unterschiedlich. Wichtig ist: Da der BRPH keine gebietsscharfen Festlegungen enthält, ist es Aufgabe der Länder, die Festlegungen planerisch und gebietsscharf zu konkretisieren. Die Länder und Kommunen haben bei der Umsetzung einen Ermessensspielraum.
Welche Auswirkungen hat der BRPH in versicherungsrechtlicher Hinsicht?
Ein BRPH hat wenig Auswirkungen auf die Einschätzung der Versicherungen. Die Versicherungen sind mit der Hochwasserproblematik seit Jahren vertraut. Sie haben das Hochwasserrisiko für einzelne Gebiete nach Erfahrungswerten und eigenen Prognosen unabhängig von staatlichen Planungen des Wasserrechts oder des Raumordnungsrechts bereits selbständig analysiert und in ihren Versicherungsbedingungen berücksichtigt.
Zur Hochwasservorsorge und Raumordnung allgemein
Der vorbeugende Hochwasserschutz ist im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland in erster Linie Aufgabe der Länder und Gemeinden. Über das WHG können u. a. Flächen im Sinne des Hochwasserschutzes gesichert werden, insbesondere durch Festsetzung als Überschwemmungsgebiet. Dort gelten für die Gemeinden bestimmte Planungs- und für bauwillige Personen bestimmte Bauverbote bzw. Einschränkungen. Darüber hinaus regelt das WHG spezielle Verfahren für die Genehmigung und den Bau von Hochwasserschutzanlagen und sieht ausdrücklich eine Vorsorge- und Schadensminderungspflicht für Personen in Hochwassergebieten vor. Mit der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten werden die Planungsbefugnisse der Gemeinden und menschliche Tätigkeiten in diesen Gebieten eingeschränkt. So sind grundsätzlich etwa die Ausweisung von neuen Baugebieten im Außenbereich und die Errichtung von baulichen Anlagen unzulässig. Unter Umständen können hiervon Ausnahmen erteilt werden. Bei der Bauleitplanung in festgesetzten Überschwemmungsgebieten, in denen bereits Bebauung vorhanden ist, gelten besondere Anforderungen an die bauleitplanerische Abwägung. So kann weiteres Schadenspotenzial vermieden werden. Ein optimierter Hochwasserschutz lässt sich jedoch allein mit den Mitteln des Wasserrechts kaum bewerkstelligen. Es sind vielmehr komplexe Maßnahmen nötig, die eine Vernetzung aller betroffenen Handlungsfelder erforderlich machen. So können durch die Raumordnungsbehörden gemeindeübergreifend und überörtlich die für den Abfluss von Niederschlägen und Hochwasser erforderlichen Flächen planerisch ausgewiesen und somit für diesen Zweck gesichert werden. Auch kann außerhalb der durch das WHG festgesetzten Überschwemmungsgebiete Hochwasservorsorge getroffen werden, denn dort lässt sich statistisch ein zunehmendes Schadenspotenzial feststellen. Überschwemmungsgebiete im Sinne des Wasserrechts dienen der schadlosen Abführung von Hochwasser und sichern die dafür erforderlichen Flächen für den Hochwasserabfluss sowie Retentions- oder Rückhalteräume. In diesen Gebieten breitet sich das Hochwasser auf natürliche Weise aus. Sie sollen, wo immer möglich, von Bebauung freigehalten werden. Hierbei handelt es sich um Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden (zum Beispiel Flutpolder, Flutmulden). Das WHG verpflichtet die Länder zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten durch Rechtsverordnung. Diese Flächen werden in Hochwassergefahrenkarten i. d. R. als „HQ100-Flächen“ dargestellt. Ebenfalls festzusetzen sind die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete. Risikogebiete im Sinne des Wasserrechts sind alle Gebiete, die im Falle eines Hochwassers überflutet werden können; z. B. können Hochwasserschäden auch in Gebieten entstehen, die nicht als Überschwemmungsgebiete festgesetzt sind, weil das Hochwasser sehr selten auftritt, zum Beispiel im Falle eines Deichbruchs oder einer Deichüberflutung. Seit der Novellierung des WHG im Jahr 2017 gelten auch in diesen Gebieten für die Bauleitplanung der Kommunen und für den einzelnen Bauherrn besondere Pflichten. In diesen Gebieten ist eine Bauleitplanung nur zulässig, wenn sie die Hochwasserrisiken besonders im Rahmen der Abwägung berücksichtigt; zudem kann von dem Bauherrn hochwasserangepasstes Bauen verlangt werden. Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des Wasserrechts sind Gebiete, in denen bei Starkniederschlägen oder bei Schneeschmelze in kurzer Zeit starke oberirdische Abflüsse entstehen, die (an anderer Stelle) zu einer Hochwassergefahr führen können. Solche Gebiete können durch die Länder nach WHG gebietsscharf festgesetzt werden. In festgesetzten Hochwasserentstehungsgebieten sollen z. B. Böden entsiegelt werden; die Erleichterung des Versickerns von Wasser mildert Hochwasser ab oder verzögert sie – es wird wertvolle Zeit für Schutz- und Evakuierungsmaßnahmen gewonnen. Hochwasserangepasstes Bauen soll Schäden an Gebäuden verhindern oder zumindest minimieren. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat mit der Hochwasserschutzfibel (Stand: 2018) Tipps zum Thema "hochwasserangepasstes Bauen" zusammengetragen. Darüber hinaus hat auch die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) das Merkblatt M 553 erarbeitet, das sich ebenfalls mit hochwasserangepasstem Planen und Bauen beschäftigt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Themen "Raumplanung in Risikogebieten" und "Hochwasserangepasstes Bauen". Auf die spezifischen Bedingungen beim "Bauen im Bestand" wird dabei jeweils vertiefend eingegangen. Es werden nur verhältnismäßige Maßnahmen verlangt. Solche Maßnahmen können zum Beispiel der Einbau von höheren Türschwellen im Erdgeschoss, die Verbesserung der Standfestigkeit des Tragwerks, die Umnutzung von hochwassergefährdeten Geschossen (nicht zum Schlafen!) bis hin zu Umplanungen im Hinblick auf den Standort eines Gebäudes sein. Fläche ist ein endliches Gut. Straßen, Gebäude, Natur – alles benötigt Flächen. Interessenskonflikte um die Nutzung der Flächen sind deshalb unvermeidbar. Die Raumordnung trägt zur Bewältigung dieser Konflikte bei, indem sie mit dem Ziel einer nachhaltigen Raumentwicklung im gesamten Bundesgebiet die konkurrierenden (Einzel-) Interessen gegen- und untereinander abwägt und koordiniert. Rechtliche Grundlage hierfür sind das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG) und die Landesplanungsgesetze. Im ROG sind auch die Instrumente der Raumordnung geregelt, insbesondere die Raumordnungspläne. In Raumordnungsplänen werden Festlegungen für die Nutzung von Flächen getroffen. Was der Bebauungsplan auf kommunaler Ebene, ist der Raumordnungsplan auf regionaler und auf landesweiter Ebene. Die Aufstellung von Raumordnungsplänen erfolgt durch die Raumordnungsbehörden der Länder unter Beteiligung der Fachbehörden sowie der Verbände und der Öffentlichkeit. In Raumordnungsplänen können zum Beispiel Gebiete für Windenergieanlagen, für Wohngebiete und Verkehrswege und eben für den Hochwasserschutz reserviert werden. Wenn eine Fläche im Raumordnungsplan als "Vorranggebiet" für Hochwasserschutz ausgewiesen ist, sind in diesem Gebiet andere, mit dieser vorrangigen Nutzung / Funktion unvereinbare Nutzungen ausgeschlossen. In als „Vorbehaltsgebiet“ ausgewiesenen Flächen kommt der Funktion „Hochwasserschutz“ lediglich bevorzugte Berücksichtigung in der Abwägung mit anderen Nutzungen zuteil. Die Raumordnungsbehörde kann die einzelnen Festlegungen in einem Raumordnungsplan mit unterschiedlichen Rechtswirkungen versehen. Je nachdem sind die Festlegungen dann für nachfolgende konkrete Großprojekte wie Bundesstraßen, Bahnstrecken oder Windenergieparks sowie für die gemeindliche Bauleitplanung entweder strikt verbindlich (sog. Ziele der Raumordnung) oder aber abwägend zu berücksichtigen (sog. Grundsätze der Raumordnung).Wer ist in Deutschland für den Hochwasserschutz zuständig?
Wie greifen Wasserrecht und Raumordnungsrecht ineinander?
Was sind Überschwemmungsgebiete?
Was sind Risikogebiete?
Was sind Hochwasserentstehungsgebiete?
Was ist hochwasserangepasstes Bauen?
Was ist Aufgabe der Raumordnung beim Hochwasserschutz?
Wie werden Raumordnungspläne aufgestellt?